Einbindung der Landschaft
Fallbeispiel aus Einfache Häuser, Seite 68
In die Natur
Wohnhaus im Landschaftsschutzgebiet
Wachau, 1968
Im Landschaftsschutzgebiet Wachau – eine Flußlandschaft entlang der Donau von der Stadt Krems nach Melk – gegenüber dem Schloß Schönbühel, ca. 5 km nordöstlich von Melk, liegt der Bauplatz für das Wohnhaus.
Die Behörden arbeiten immer noch mit der inhaltlich nicht definierten Formel des landschaftsgebundenen Bauens. Ein Vorläufer des Regionalismus. Die historischen Bauten auf dem Lande sind Funktionstypen, die vom Städter, der keine Funktion im landwirtschaftlichen Nutzgebiet hat, nicht als sinnentleerte Attrappen nachgeahmt werden sollten.
Die Gesetzesstruktur sieht diesen vom Bauernhaus formal abgeleiteten Bautyp für das Landschaftsschutzgebiet vor. Die Nachbarn hatten bereits Satteldächer. Der Bauherr, ein Jurist – ein Städter, war bereit, sich in diese Gesetzesstruktur einzuordnen. Als Architekt wollte Hiesmayr nicht diese formale Sackgasse betreten. Sofort festigte sich die Forderung nach einer Alternative – kein Haus in der Landschaft. Aktiver Landschaftsschutz.
Entwurf Baumeister (Verwandter der Bauherrin): ein Konzept, eigentlich für ein landwirtschaftliches Gebäude (Dreiseithof), nicht für ein Wohnhaus. Aber auch in einem grundsätzlich ungeeigneten Konzept können brauchbare Ansätze gefunden werden. P1oblem für den jungen, noch nicht sensibilisierten Architekten. Die Idee Hof hat Substanz.
Entwurf Gartenarchitekt:
Die Wohngrube, nur eingeschnitten in die bestehenden Felder und
Weingärten, bedeutet die völlige Unterordnung des Städters in die vom
Landwirt strukturierte Natur.
Entwurf Architekt:
Die Natur als Partner des Menschen. Einordnung des Hauses als eine Linie in der Landschaft.
Ein großer Abstand zum Nachbarn – damit jede Verbindung mit dem überholten Hauskonzept vermieden wird. Die Nachbarn – liebe hilfreiche Menschen – werden sie durch den großen spürbaren sozialen Abstand unverdient diskriminiert? Das in die Natur eingegrabene, nicht mit dem Nachbarn verwandte Haus beseitigt die Zweifel.
Die bestehenden Siedlungen liegen in den Tälern. Dort gibt es Wasse und Schutz vor dem kalten Ostwind im Winter. Sie sind deshalb in die Topographie der Landschaft eingebaut.
Das 145 m lange und 25 m breite Grundstück liegt auf einer der Hangterrassen, auf denen Getreide angebaut wird. Ein Haus mit 100 qm Wohnfläche sollte entstehen. Dieses Haus mußte durch seine Form den großen Platz räumlich strukturieren.
Es entstand ein Haus, das dem Urtyp Wohnhöhle entspricht. Um Licht in die Tiefe des Raumes zu bringen, durchbricht eine Lichtkuppel die Decke. Logische Materialwahl für eine Höhle ist ein Steinfußboden. Für die Entwicklung dieses Konzeptes fand der Architekt Ansätze in den Strukturen der Familie, der Gesellschaft, der Landschaft, der Wohnsituation, der Bauverordnung und der Bautechnik. Sie fügte er ein, auf sie reagierte er.
Das Haus ist in den Hang eingebaut. Der Hang geht (künstlich) über das Haus hinweg. Es ist gegen das Erdreich durch Dichtbetonwände geschützt und besteht sonst aus Ziegelwänden. Eine Betonplatte überbrückt problemlos die freie Grundrißform. Darüber liegt eine Warmdachkonstruktion – ein Grasdach.